Filmkritik: Der letzte schöne Tag

Meine heutige persönliche Filmkritik: Der letzte schöne Tag (2011)

Ja heute mal was Ungewohntes. Ich weiß nicht ob es angebracht ist von einem ’schönen‘ Film zu sprechen. Er war sicherlich nicht ’schön‘ im Sinn von einem genussvollen Moment. Er war ergreifend, traurig, schwierig, schmerzhaft. Erfreulicherweise nicht ins Kitschige abgleitend. Einzig das Verhalten der Großeltern erschienen mir einigermaßen klischeehaft; dennoch begründet, um diesen Aspekt integriert zu haben – soweit ich das beim Thema überhaupt beurteilen kann… Besser weiß es die Autorin, die selbst Betroffene ist. Von daher gehe ich davon aus, dass nicht mutwillig künstlich aufgebauschte Tränendrüsendrücker eingestreut wurde. Ich hatte auch zu keiner Zeit das Gefühl, denn der Film an sich ist sehr ruhig, fast dokumentarisch erzählt. Er kommt unangenehm schnell zur Sache, fast aufdringlich, blickt dann weiterhin aber sehr einfühlsam auf das Geschehen und bietet filmisch schöne Vergleiche und ‚Bilder‘, die die Grundstimmung und die Grundaussage des Films widerspiegeln. So werden praktisch nur relativ banale alltägliche Gegebenheiten erzählt, die aber eben in einem völlig anderen Licht erscheinen. Ebenso bietet das Drehbuch tolle Dialoge, die sehr oft sehr gekonnt in mehrdeutigem bzw. übertragenen Sinn das Thema und den Schmerz der Protagonisten aufgreifen. Wenn z.B. die pubertär trotzige Tochter versucht einen Kuchen zu backen und der Satz fällt ‚Hoffentlich wird der was. Mama hatte es mir mal gezeigt, aber ich hab nicht richtig aufgepasst…‘ Das verdeutlicht finde ich sehr schön die bekannte Situation, wenn man etwas zu selbstverständlich nimmt bzw. nur noch beiläufig wahrnimmt, nicht schätzt bzw. würdigt, oder vielleicht genervt ist, und dann hinterher geneigt ist sinngemäß zu sagen ‚wenn ich gewusst hätte, dass es das letzte Mal ist, hätte ich mich anders verhalten‘. Das trifft ja auch auf ganz banale Sachen zu. Filmisch ist so ein Satz reizvoll, weil man es den Charakter eben nicht konkret aussprechen lassen muss. Dieses Stilmittel wird öfter eingesetzt. Dadurch werden diese Momente sogar noch eindrucksvoller in die Handlung integriert. Die Darsteller sind nahezu durchweg sehr gut, auch und gerade die Kinder. Die Musik erinnerte mich stellenweise stilistisch an Michael Nyman, aber er wars nicht 🙂 Insgesamt ein wirklich ’schöner‘ Film, der mich zurücklässt mit einem verbrauchten Päckchen Taschentüchern und mit einer Art ’schmerzhafter Zuversicht‘ oder auch ‚zuversichtlichem Schmerz‘. Ich will damit sagen dass es kein eindeutiges Hurra-Ende gibt, an dem alle wieder glücklich sind. Es scheint aber eine wichtige Hürde genommen worden zu sein. Mein Lieblingszitat, wenn bei der Beerdigung ein Ballon mit angebundenen Zetteln aufsteigen gelassen wird, auf die die Trauernden Grüße/Wünsche geschrieben haben, und dieser in den Wolken verschwindet. Tochter: ‚Jetzt ist er weg.‘ Vater: ‚Nein er ist nicht weg. Wir sehen ihn nur nicht mehr.‘ Wieder so ein wundervoller Vergleich zwischen den Zeilen. (Für die Film-Unerfahreneren fügt der Vater dann zur Sicherheit aber doch noch ein ‚…wie Mama.‘ hinzu 🙂

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